Vorträge

Stille in der zeitgenössischen Kunst. Kontemplative Farb-Räume in Malerei, Fotografie und Installation, Triangel-Kolloquium in der Reihe: Romano Guardini und die Künste, Guardini Stiftung e. V. Berlin, 24. Februar 2005.

Stille ist ein komplexes Thema, Stille empfindet jeder Mensch etwas anders, dennoch gibt es in unserem Kulturkreis einen Konsens darüber, was wir gemeinhin mit Stille assoziieren. So paradox es klingt – zur Stille gehört das Geräusch, ebenso wie Licht und Schatten zusammengehören. Zur Empfindung von Stille gehören somit Geräusche der Natur wie zum Beispiel Vogelstimmen, das leise Rauschen von Blättern im Wind oder Wasserplätschern und dazu zählen ebenso Laute des Menschen selbst wie Sprechen oder Singen. Sogar in einem schalldichten Raum, in dem Geräusche weitestgehend ausgeschlossen sind, herrscht keine absolute Stille: Ein Mensch, der sich darin befindet wird immer noch seinen eigenen Herzschlag hören. „As John Cage has insisted, ‚there is no such thing as silence. Something is always happening that makes a sound.’ John Cage described how, even in a soundless chamber, he still heard at least two things: his heartbeat and the coursing of the blood in his head.” (Susan Sontag, The Aestetics of Silence, S. 5, html Version des Essays) Absolute Stille erfährt der Mensch vielleicht nur im Tod!

 

Physikalisch betrachtet ist Stille das Nichtvorhandensein von Schall. Die Absenz von Geräusch, Sprache und Musik. Schallwellen treffen nicht nur auf unser Gehör, sondern verwandeln unseren ganzen Körper in einen Resonanzraum, insofern ist der Hörsinn mit dem taktilen Sinn verwandt: Tiefere Frequenzen, die bei etwa 20 Hertz liegen, erzeugen so „eine Art der Berührung auf Distanz“ (Albrecht 1996: 18ff.) Stille kann man demnach hören und fühlen.Es stellt sich die Frage, ob man Stille auch sehen kann? Und es stellt sich die Frage wie, mit welchen Mitteln gerade Werke der bildenden Kunst Stille visuell erfahrbar machen können? Dass Bilder sich zum Stillwerden, zur Kontemplation (das heißt zum Sich versenken) eignen, beweist nicht zuletzt die Tradition der Bildmeditation. Denn das Bild lehrt uns stillschweigend – uns zu öffnen. Heute Abend stelle ich Ihnen drei zeitgenössische Künstler und ihre Werke vor, die das durchaus ambivalente Spannungsfeld, das Spektrum, in dem sich Stille entfaltet auf verschiedene Art und Weise zum Ausdruck bringen. Ausgewählt habe ich Bilder von Christoph Seidel (*1964), Fotografien von Michael Wesely (*1963) und eine magische Lichtinstallation von Günter Ries (*1954).